70 Jahre IWK

Philipp Maurer

Rede zum 70jährigen Jubiläum des Institus für Wissenschaft und Kunst am 9. November 2016 im Stadtsenatssitzungssal des Wiener Rathauses

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Präsident,
werte Festgäste!

Warum gerade ich Ihnen die 70jährige Geschichte des Instituts für Wissenschaft und Kunst präsentieren darf, hat mehrere Gründe. Ich kenne das Institut seit den 1970er Jahren, als ich an meiner Dissertation über die damals aktuellen Kritischen Liedermacher arbeitete – selbstverständlich bei Prof. Wendelin Schmidt-Dengler, bei anderen Professoren wäre solch ein zeitkritisches Thema nicht möglich gewesen – und genau eine einzige wissenschaftlich fundierte österreichische Publikation zum Thema fand. Es war der Band „Politisches Lied“, hrsg. von Hans und Gerlinde Haid. Seit damals bin ich Mitglied des IWK.

In den 1980ern leitete ich einen Arbeitskreis zu „Formen populärer Kunst und Kultur“. Mit großem Vergnügen erinnere ich mich an eine Veranstaltung gemeinsam mit unserem heutigen Präsidenten Dr. Johann Dvořák über die englische Popgruppe „The Kinks“ und ihr satirisches Lied „Dedicated Follower of Fashion“, das wir unter literarischen, soziologischen und politischen Aspekten analysierten. Das Bemerkenswerteste war unser Publikum: junge Arbeiter und Rocker, die ganz verwundert waren, was da alles in den Liedern steckte, die sie auswendig mitsangen!

Aber ich kann mich nicht auf die persönlichen Anekdoten beschränken. Für wertvolle Forschungsarbeiten zur Geschichte des IWK danke ich Tamara Ehs, Barbara Litsauer, Susanne Gmoser und Thomas Hübel. Besonders hervorstreichen möchte ich die digitale Erfassung sämtlicher Veranstaltungen des IWK seit 1946 durch Barbara Litsauer und Susanne Gmoser – dazu werden wir die beiden Autorinnen noch nach meinem Vortrag hören.

Gleich nach Ende des Zweiten Weltkrieges suchten viele antifaschistische, „sozialistisch-liberale“ Intellektuelle, wie Friedrich Stadler sie bezeichnete, einen radikalen wissenschaftlichen und volksbildnerischen Neuanfang. Sie waren überzeugt, durch Bildung einen wesentlichen Beitrag zu einer friedlichen und demokratischen Zukunft leisten zu können. Zu dieser Gruppe gehörten Christian Broda, der spätere Justizminister, Leopold Zechner, Nationalrat der SPÖ, Wiener Stadtschulratspräsident, Vorsitzender des Verbandes Wiener Volksbildung und erster Präsident des IWK, der aus dem Moskauer Exil zurückgekehrte Ernst Fischer, der Zoologe und Anatom Wilhelm Marinelli, der spätere Präsident des IWK und Vorsitzender der VHS Ottakring, und viele andere aus dem damals politisch und wissenschaftlich sehr breiten Spektrum der antifaschistischen, demokratischen AkademikerInnen. Diese Persönlichkeiten beklagten in einem Brief an Theodor Körner, Bürgermeister dieser Stadt, die „bekannte weltanschauliche und politische Begrenztheit der Wiener Universität“ und kündigten die Gründung eines Institutes an, das „gegen die erschreckende geistige Ödnis“, so Leopold Zechner, kämpfen werde. Denn – ich zitiere die Presseaussendung vom 20. Jänner 1946 – „der reaktionäre, fortschrittsfeindliche Geist hatte sich schon viel zu lange vor dem ‚Anschluss’ in den Zentren des akademischen Lebens in Österreich eingenistet, als dass eine Wiedererhebung des geistigen Lebens aus der faschistischen Barbarei in der für die Zukunft Österreichs nötigen Raschheit erfolgt wäre“.

Die Gründungsversammlung des „Instituts für Wissenschaft und Kunst“ fand am 12. Jänner 1946 in Anwesenheit von Bürgermeister Körner und Kulturstadtrat Viktor Matejka im Kleinen Festsaal des Wiener Rathauses statt.

Zechner und Freunde knüpften bewusst „an die schon lange vor dem ‚Anschluss‘ verschütteten freiheitlichen Traditionen der österreichischen Wissenschaft“ und der Wiener Volksbildung an, ans Ottakringer Volksheimes, und an Ludo Moritz Hartmann. Friedrich Stadler, 1986: „Damit war eine interdisziplinäre Forschungs- und Vortragstätigkeit eingeleitet, die kaum berücksichtigte Bereiche von Wissenschaft und Kunst im gesellschaftlichen Zusammenhang behandelte.“ Mit gutem Grund wurde das Institut für Wissenschaft und Kunst als „rote Gegenuniversität“ bezeichnet.

Das erste Kursjahr begann am 22. Februar 1946 mit einem Vortrag von Karl Renner über „Demokratie und Bürokratie“, der noch im selben Jahr gedruckt als Broschüre erschien. Die wissenschaftliche Arbeit im Institut umfasst vielfältige Formen der Wissensvermittlung: im Arbeitsprogramm finden wir Einzelvorträge und Vortragsreihen, Arbeits- und Forschungsgemeinschaften, die in Fachbereiche gegliedert waren: Wissenschaftstheorie und Psychologie, geleitet von Dr. Walter Hollitscher, Naturwissenschaft, geleitet von Univ.Prof. Dr. Wilhelm Marinelli, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, geleitet von Univ. Prof. Dr. Leo Stern, Geisteswissenschaft, geleitet von Univ.Prof. Dr. Eduard Winter, Rechtswissenschaft, geleitet von Univ.Prof. DDr. Karl Wolff, Wissenschaftstheorie und Psychologie, geleitet von Dr. Walter Hollitscher, Kunstwissenschaft, geleitet von Univ.Prof. Dr. Fritz Nowotny, und die Literaturwissenschaftliche Abteilung, geleitet von Dr. Rollet.

Auffallend ist, dass die meisten Fachbereiche von Universitätslehrern geleitet wurden, Persönlichkeiten also, von denen sich etliche an der Wiener Universität etablieren konnten, andere nach Berlin / DDR gingen. Sie versuchten den radikaler Neubeginn nach Austrofaschismus, Nationalsozialismus und Krieg und leisteten ihren Beitrag zum geistigen und kulturellen Wiederaufbau Österreichs. Und sie fanden im IWK offenbar das Forum, in dem sie Themen diskutieren konnten, die auf den Universitäten nach wie vor Tabu waren und in dem sie mit größerem Erfolg zum gesellschaftlichen Fortschritt beitragen konnten.

Und es war ihnen wichtig, Kontakte mit WissenschaftlerInnen des demokratischen Auslands und mit EmigrantInnen herzustellen und zu pflegen.

Zu Beginn der 1950er Jahre wirkten sich die gesamtgesellschaftlichen Polarisierungen zwischen Ost und West, die Auseinandersetzungen mit Marxismus und Kommunismus auch im IWK aus, der Kalte Krieg spielte sich im IWK als Zerreißprobe zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten ab. Zu den führenden Marxisten im IWK gehörte der Philosoph Walter Hollitscher, der bereits ab Beginn der 1950 Jahre eine Professur an der Humboldt-Universität in Berlin, DDR, hatte, und der Historiker Leo Stern, der später am Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften in der DDR forschte. Sogar die Auflösung des Instituts stand im Raum, bis sich, der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung folgend, ein neues Kuratorium, in dem die Sozialdemokratie die Mehrheit hatte, durchsetzte.

Frauen spielten bereits in den 1940er Jahren im IWK eine wichtige Rolle, im IWK arbeiteten mehr Frauen mit, als es der damaligen gesellschaftlichen „Frauenquote“ entsprach. 1947 wählte die Vollversammlung des Vereins erstmals Frauen in das Kuratorium: die Leiterin der Bibliothek der Wiener Handelskammer Maria Brandner, Professorin Rosalia Chladek vom Konservatorium der Stadt Wien und die Nationalratsabgeordnete Marianne Pollak, 1949 die Leiterin des Radiuminstituts Berta Karlik; Karlik war die erste Frau, die als Vizepräsidentin ins Präsidium des IWK gewählt wurde. 1956 erhielt sie ein Ordinariat an der Universität Wien.

Hertha Firnberg lehrte bereits in den 1950er Jahren am IWK. Sie leitete die Sozialstatistische Arbeitsgemeinschaft, wirkte in der Forschungsgemeinschaft „Großstadtprobleme“, in der bereits Urban Studies betrieben wurden, und war auch im Gesellschaftspolitischen Arbeitskreis federführend. Als Bundesministerin für Wissenschaft förderte sie das IWK durch die Gewährung einer jährlichen Basissubvention.

Daher ist es nur konsequent, dass das IWK zu einem Zentrum der Frauenbiographischen Forschung wurde. Unter der Leitung von Ilse Korotin wurde BiografiA aufgebaut, eine Dokumentationsstelle, in der Biographien österreichischer Frauen erforscht und dokumentiert wurden. Ilse Korotin hat gemeinsam mit Brigitta Keintzel das Standardwerk über „Wissenschafterinnen in und aus Österreich“ – hier Wissenschafterinnen NICHT mit großem I! – und nun ist das große vierbändige Lexikon BiografiA erschienen. Ein weiteres wichtiges Werk ist das zweibändigen Handbuch der österreichischen kinder- und Jugendbuchautorinnen, herausgegeben von Susanne Blumesberger. Mit der Dokumentationsstelle Frauenforschung und „biografiA – Datenbank und Lexikon österreichischer Frauen“ hat sich das IWK im Bereich der feministischen Geschichts- und Biografieforschung zu einer anerkannten Forschungs- und Vernetzungsplattform entwickelt.

Seit seinem Bestehen sind Bildungs- und Wissenschaftspolitik wichtige Themen des IWK. Die Enquete über die Lage der Wissenschaft in Österreich 1948 am 14. November 1948 hier im Rathaus erhob die Forderung an den Nationalrat, die wissenschaftlichen Einrichtungen in Österreich so zu dotieren, dass sie ihren umfangreichen Aufgaben zufriedenstellend nachkommen könnten. Darüber hinaus wurde die Einrichtung eines Fonds zur Förderung der Wissenschaft gefordert, um über den regulären Betrieb hinausgehende Forschungsvorhaben leisten zu können. Leider konnte sich der zuständige ÖVP-Minister mit den Ideen nicht anfreunden. Die Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien allerdings, deren Sekretär Bruno Pittermann auch im Vorstand des IWK saß, richtete den Theodor-Körner-Fonds für Wissenschaft und Kunst ein, der bis heute Preise an WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen vergibt.

Das bildungspolitische Forum des IWK, von Oskar Achs koordiniert, und der „Jour fixe Bildungstheorie | Bildungspraxis“ entwickeln Alternativvorschläge zur Schulpolitik, wobei bewusst der Anschluss an Otto Glöckel und die Schulpolitik des Roten Wien gesucht wird.

Seit 1984 erscheinen die „Mitteilungen“ mit ausführlichen Beiträgen aus den Veranstaltungen des IWK. In der ersten Ausgabe über „Alltag – Wissenschaft – Kunst“ mit Beitragen von Elisabeth Brugger, Gero Fischer u.a. schrieb Hubert Christian Ehalt:

„Die Geschichts-, Sozial- und Kulturwissenschaften klammern in den Hauptanstrengungen ihrer Tätigkeit das alltägliche Leben der Menschen, die Sphären direkter persönlicher Betroffenheit aus. Kultur und Politik erscheinen im Medium der skizzierten Wissenschaft und Kunst der Tendenz nach als Tätigkeit, Leistung und Reservat kleiner Elitegruppen, während den Ausdrucks- und Lebensformen der Mehrheit der Menschen Geschichte und Kultur abgesprochen wird; ein Zustand, der sich zuletzt auch noch als unveränderbar ausgibt. Mit dem Verdikt der Kulturlosigkeit wird zugleich ein wichtiger Aspekt der Menschenwürde aberkannt. Personen, Klassen, Gruppen, denen Geschichte und Kultur abgesprochen werden, weil sie den herrschenden tradierten kulturellen Normen nicht nachkommen, wird eine wesentliche Möglichkeit der Identitätsfindung genommen.“ Was Ehalt damals schrieb, war damals Avantgarde und ist es leider heute immer noch.

Unser Institut hat ja auch die Kunst im Namen. Unser Angebot an Kunst – in allen Sparten, also Literatur, Musik, bildende Kunst – bietet nicht die Konsumtion von Kunst, – wir spielen nicht Theater, wir musizieren nicht, wir stellen keine Bilder – denn dies führt gerne zum behäbigen kritiklosen Wohlgefallen an Kunst. Wir liefern vielmehr liefert Beiträge zur kritischen, rationalen Auseinandersetzung mit Kunst.

Bereits in den 1950er Jahren wurde im Arbeitskreis für zeitgenössische Literatur, Leitung Dr. Josef Strelka, über Karl Kraus vorgetragen, Rudolf Brunngraber sprach 1947 über „Zur Problematik der modernen Prosa“. An einer Literaturwerkstatt „Arbeit der Zukunft“ in den 1980ern nahmen u.a. Stephan Eibel, Elfriede Haslehner und Heinz R. Unger teil. Breiten Raum nimmt die Erforschung des politischen Kabaretts der Zwischenkriegszeit ein, die 1980 gestartete ,.Schriftenreihe des IWK“ veröffentlichte als erstes die von mir einleitend erwähnte Broschüre Politisches Lied am Beispiel Elsass, Italien, Osterreich (1980), hrsg. von Gerlinde und Hans Haid.

Hanns Eisler hielt am 5. Mai 1948 hielt er den Vortrag „Einiges über die gesellschaftlichen Grundlagen moderner Musik“, den er im selben Monat auch am Internationalen Komponisten- und Musikkritiker-Kongress in Prag hielt. Der Freund Theodor W. Adornos, Erwin Ratz, sprach u.a. über Arnold Schönberg, Georg Knepler, der Klavierbegleiter von Karl Kraus und spätere Professor für Musik an der Humboldt-Universität Berlin, sprach über „Wege zu einem neuen Musikleben“, und heuer hielt Jost Hermand einen Vortrag über Karl Kraus und Georg Knepler.

Auch unter den bildenden Künstlern waren es die politisch links stehenden, die mit dem IWK in Verbindung standen, wie Georg Eisler, der Sohn von Hanns Eisler, und Alfred Hrdlicka. Im IWK wurden schon sehr früh viele heute aktuelle Formen der Kunstvermittlung beispielhaft erprobt. Führungen, Einführungsgespräche, Diskussionen, die heute von Museen, Theatern, Konzertveranstaltern in Eigenregie durchgeführt werden, wurden früher vom IWK und von vielen Volkshochschulen angeboten. Der Gründungsdirektor des 20er Hauses Werner Hofmann führte in den 1960 Jahren durch die Ausstellungen im 20er Haus. Zur Picasso-Ausstellung im Museum für angewandte Kunst sprach im IWK der hervorragende Galerist und Kunsthistoriker Henry Kahnweiler neben den Wiener Kunstprofessoren Heimo Kuchling und Claus Pack! Im Arbeitskreis für Museumspädagogik arbeitete auch Dieter Schrage mit, der im 20er Haus für die Vermittlungsarbeit zuständige war.

Die Seminare „Zur antifaschistischen Literatur Österreichs“ und „Verdrängte Kultur in Österreich“ in den 1980er Jahren konzentrierten sich auf Autor/inn/en des antifaschistischen Exils und des Widerstands, die nach 1945 vergessen oder gar niemals zur Kenntnis genommen worden sind. 150 Jahre nach 1848 beschäftiget sich die Vortragsreihe „Intellektuelle, Literatur und Revolution in Europa 1848 – 1998“ mit den demokratischen Wurzeln heutiger Kultur.

Heute versuchen wir im IWK mit dem Forschungsprojekt über die Geschichte der Wiener Oper, mit Tagungen über Literatur in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang und mit den von mir geleiteten Um:Druck-Gesprächen eine zeitgemäße kritische Auseinandersetzung mit und Diskussion über Kunst.

Die Basis der Kunst ist wie wir wissen, die Ökonomie: Bedeutende Ökonomen, wie Kurt Rothschild, Adolf Kozlik, Ferdinand Lacina und Grünwald wirkten am Institut. Dabei ging es in erster Linie um die Frage, wie sich Wirtschaft auf das Leben der Menschen auswirkt und wie Alternativen zur kapitalistischen Wirtschaft dazu beitragen können, das Leben der Menschen zu verbessern. An Kurt Rothschild, der mehr als 50 Jahre lang am Institut lehrte, erinnert der seit dem Jahr 2016 vom Karl-Renner-Institut und dem SPÖ-Parlamentsklub ausgeschriebenen Kurt Rothschild Preis für Wirtschaftspublizistik. Wirtschaft und Frauen Dieses Ziel verfolgte auch der gesellschaftspolitische Studienkreis, in dem Hertha Firnberg, Heinz Fischer, Karl Blecha, Christian Broda arbeiteten und über Demokratie, Bildungsreform und gesellschaftliche Entwicklungen diskutierten. Aus diesem Arbeitskreis ging die von Ulrich Peter Lehner bis zum Jahr 2014 herausgegebene gewerkschaftliche Zeitschrift „Mitbestimmung“ hervor.

Ein besonderes Charakteristikum des IWK ist, wie bereits von unserem Präsidenten Dr. Dvořák eindringlich dargelegt, die Beschäftigung mit dem Austrofaschismus – Nazi in der Provinz, dem Nationalsozialismus und dem Schicksal der Exilierten. Mit diesen Forschungen und den entsprechenden Publikationen hat das IWK bahnbrechend gewirkt für eine neue, parteipolitische Scheuklappen wegreißende, Tabus brechende Geschichtsschreibung. Unser damaliger Präsident Leopold Zechner war in diesem für Österreich und seine Politiker, Parteien und Menschen oftmals recht schmerzhaften Prozess ein wichtiger Vordenker. In dem umfangreichen Band „Vom Justizpalast zum Heldenplatz“ aus dem Jahr 1975 wird Zechners Rolle als Vermittler und – heute würde man sagen – Mediator festgehalten, denn beim Forum Alpbach hatte er schon 1960 die „Atmosphäre der Sachlichkeit“ und den „Willen aller teilnehmende Historiker zur Wahrheit“ beschworen. Zahlreiche BeiträgerInnen dieses Bandes haben auch im IWK vorgetragen und an Diskussionsveranstaltungen teilgenommen, so vor allem Fritz Fellner, Gerhard Jagschitz, Hans Hautmann, Wolfgang Neugebauer, Anton Staudinger.

Die Forschungen zur Ersten Republik und zum Faschismus in den 1970er und 1980er Jahren wurden umfassend publiziert, was auch dank der Basissubvention durch das Bundesministerium für Wissenschaft und das Bundesministerium für Unterricht möglich war. Für den Band „Die Verbrannten Bücher: 10.5.1933“ lieferten Alfred Pfoser, Herbert Exenberger, Friedrich Stadler, Ernst Hanisch, Werner Reiss Beiträge, zum Symposion „VERDRÄNGTE SCHULD – VERFEHLTE SÜHNE . Entnazifizierung in Österreich 1945-1955. Symposion des Instituts für Wissenschaft und Kunst März 1985. Hrsg.: Sebastian Meissl, Klaus-Dieter Mulley, Oliver Rathkolb. Selbstverlag des IWK.“

Besonderes Interesse gilt der Erforschung der Geschichte der Wiener Revolution von 1848 und der politischen Strömungen, die während der Französischen Revolution bis nach Wien gewirkt haben. Am IWK hat Walter Grab, Professor für neuere europäische Geschichte an der Universität von Tel Aviv, hat über die Wiener Jakobiner vorgetragen, ein Thema, das Grab auch im Rahmen der Wiener Vorlesungen hier im Wiener Rathaus der Öffentlichkeit nahegebracht hat.

Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Geschichte der Ersten Republik stehen auch die Bemühungen um die Erforschung und Würdigung der Wissenschaftlichen Weltauffassung des Wiener Kreises. Im IWK wurde „die verschüttete und verdrängte Tradition des ehemals berühmten Wiener Kreises von Beginn an gepflegt, was sich auch in der aktiven Teilnahme der Universitätsprofessoren Viktor Kraft und Bela Juhos manifestierte. In den 1950er Jahren fand die zweite Generation des Logischen Empirismus, wie Werner Leinfellner, Paul Feyerabend, Rudolf Wohlgenannt und Arthur Pap, ein außeruniversitäres Forum im IWK“, schrieb Friedrich Stadler. Aus dem IWK entstanden andere Institutionen, die eigenständig weitergewirkt haben, darunter das Institut Wiener Kreis. Aus den Veranstaltungen zur interkulturellen Philosophie, die Franz Martin Wimmer seit den 1990er Jahren im IWK und gleichzeitig an der Universität Wien betreut, führte zur Gründung der Wiener Gesellschaft für interkulturelle Philosophie, der Zeitschrift polylog und der Einrichtung eines Lehrstuhls für Philosophie in einer Globalen Welt Wien ist damit, ausgehend vom IWK, im deutschen Sprachraum ein Zentrum interkultureller Philosophie.

Herauszufinden, welche Ansätze zur Diskussion und zur Lösung aktueller Weltprobleme sich eventuell aus der interkulturellen Philosophie entwickeln lassen, welche vielleicht aus den Erfahrungen der Ersten Republik und welche Formen neuen Lernens und neuen politischen Handels sich zweifellos aus den Diskussionen, Vorträgen und Publikationen aus der nunmehr 70jährgen Geschichte des IWK entwickeln lassen, ist nun unsere Aufgabe für die nächste Zukunft. Der Blick zurück in die Geschichte ist ein guter Anfang, um dann den Blick zielbewusst und entschlossen nach vorne zu richten.

In diesem Sinne wünsche ich unserem Institut für Wissenschaft und Kunst weitere mindestens 70 Jahre!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.